Interviews vorbereiten, führen und aufschreiben gehört hier bei Ansel & Möllers zum Repertoire. Wir wissen, wie man’s macht und holen uns hin und wieder auch Input von externen Experten – zur Starthilfe für die neuen Kolleginnen und zur Inspiration für die alten Hasen.
Erst letzte Woche war Schreibtrainer Markus Reiter im Haus. Mir als „mittelalter Hase“ hat besonders gut gefallen, dass es nicht nur die eine Lösung gibt, ein Interview zu führen – viele Wege führen ans Ziel.
Wir Deutschen sind wahre Interview-Künstler. „So stark bearbeitet wie die Interviews in deutschen Magazinen sind im internationalen Vergleich sonst keine“, weiß der Schreibtrainer Markus Reiter. Wir geben uns deshalb damit so viel Mühe, weil wir uns der Wirkung eines guten Interviews bewusst sind: Es bringt Personen, Kompetenzen oder Meinungen besonders authentisch rüber. Der Leser kann sich das darin verarbeitete Thema besonders gut merken, weil es mit einer Person verknüpft und in eine Geschichte eingebunden ist. Und Geschichten bleiben im Kopf. Deshalb ist Storytelling in der PR ja so wichtig. Das Interview wirkt umso besser, wenn seine Botschaft zielgerichtet vermittelt wird und sprachliche Stilmittel den Charakter des Interviewten unterstreichen. Um das alles unter einen Hut zu bekommen, sind Feingefühl, Know-how und Hirnschmalz in allen Etappen unabdingbar: bei der Vorbereitung, während man das Interview führt und beim Niederschreiben.
Wann lohnt sich ein Interview als Textform?
Nicht in jedem Fall ist ein Interview die passende Textsorte, um eine Botschaft rüberzubringen. Zum Beispiel ersetzt ein PR-Interview niemals die klassische Pressemitteilung. Um Hintergrundinformationen zu liefern oder Geschichten zu transportieren ist es aber als Ergänzung bestens geeignet.
Wie bereitet man ein Interview vor?
Wer darauf vertraut, ein Interview aus dem Bauch heraus führen zu können, hat schon verloren. Je besser man darauf vorbereitet ist, desto entspannter und ergiebiger verläuft das Gespräch. Bei der Vorabrecherche versucht man also je nach Themenschwerpunkt so viel wie möglich über sein Gegenüber, dessen Fachkompetenz oder Meinung zu erfahren. Wichtig ist, die Interview-Fragen stets auf die Zielgruppe auszurichten. Wie viel Hintergrundwissen haben meine Leser? Was interessiert sie besonders? Man muss sich bei der Vorbereitung also nicht nur intensiv mit seinem Interview-Partner auseinandersetzen, sondern auch mit der Leserschaft. Professionelle Interviewer überlegen sich auch vorab, wie die Antwort lauten könnte. Das hilft, die Interview-Fragen logisch zu gliedern. Außerdem können während des Gesprächs außergewöhnliche oder überraschende Statements als solche leichter identifiziert werden.
Ein Interview führen – Was gibt es zu beachten?
Frage ist nicht gleich Frage. Man muss sie schon geschickt stellen, um aussagekräftige Statements zu erhalten. Hier ein kleiner Überblick, mit welchen Fragen man seinem Gegenüber spannende Informationen entlocken kann:
- Offene Fragen (Beginnen z.B. mit „warum“ oder „wie“)
- Aufforderungsfragen („Erzählen Sie doch mal…“)
- Motivationsfragen („Wie ist Ihnen das so gut gelungen?“)
- Entscheidungsfragen („Sind Sie dafür oder dagegen und warum?“)
- Indirekte Provokationsfragen („Was halten Sie von dieser Meinung?“)
- Wunschfrage („Wenn Sie einen Wunsch frei hätten…“)
Je nach Komplexität des Themas ist beim Fragesteller höchste Konzentration gefragt. Schließlich ergeben sich durch das Gespräch auch Folgefragen, die nicht vorbereitet werden können. Und die sollten einem nicht erst auf dem Heimweg einfallen oder wenn man das Telefonat beendet hat. Insbesondere bei schwierigen Fachthemen ist etwas Übung gefragt, bis die Gesprächsführung und Informationsverarbeitung reibungslos funktioniert – und dann muss ja das Interview nebenher auch noch aufgezeichnet werden! Der Experte empfiehlt mitzuschreiben und zusätzlich ein – oder zur Sicherheit zwei – Aufzeichnungsgeräte zu verwenden: „So kann man mithilfe der Notizen und den entsprechenden Zeitangaben schnell an die wichtigsten Stellen spulen und sich den O-Ton nochmal anhören.“
Wie bringt man ein Interview aufs Papier?
Sind die Infos im Kasten, geht’s an die Tasten. Aber halt! Bevor man wild drauf los tippt, sollte man kurz in sich gehen: Was ist die Kernbotschaft? Und wie kommt die am besten rüber? Das Interview braucht eine Dramaturgie und eine spannende, kurze Einstiegsfrage.
„Herr Experte, seit wie vielen Jahren beschäftigen Sie sich schon mit dem Thema Ernährung?“ Damit würde man vielleicht das tatsächliche Gespräch beginnen, nicht aber das geschriebene Interview. Besser ist:
„Sollte Schokolade abgeschafft werden?“
Hoffentlich nicht, denkt sich der Leser und liest neugierig weiter. Die meisten Fragen und Antworten weichen vom ursprünglichen O-Ton ab – sowohl in ihrer Reihenfolge als auch inhaltlich. Alles Unwichtige kommt raus, der rote Faden rein. Die wenigsten Menschen sprechen so, dass man ihr Gesagtes direkt abdrucken kann. Angefangene und nicht vollendete Sätze, eine nicht immer ganz passende Wortwahl und Kettensätze, bei denen der Anfang nicht zum Schluss passt – all dies gehört ganz normal in den Fluss unserer gesprochenen Sprache. Um ein Gespräch aufzuschreiben, müssen also alle Aussagen entwirrt und entschlüsselt werden. Schließlich muss das Interview flüssig sein. Sonst steigt der Leser schon nach dem ersten Satz aus. Und: Was für den Einstieg gilt, ist auch für den Schluss wichtig. Was hierhin gehört: eine knackige Pointe. Deutsche PR-Interviews sollen auch weiterhin ihren kunstvollen Anspruch haben? Dazu tragen wir gerne bei!