Ein Interview mit Alexander Faust von BauInfoConsult
Die Mediennutzung verändert sich – und damit auch die Customer Journeys einzelner Zielgruppen. Vor allem die von privaten Bauherren. Das hat grundsätzlich eine Modifizierung in den Entscheidungsprozessen zur Folge. Ist das “Entscheidungs-Gatekeeping” von Handwerkern inzwischen ein Auslaufmodell, weil der mündige Bauherr sich über alles im Netz informieren und damit auch selber entscheiden kann? Eine aktuelle Umfrage von BauInfoConsult belegt genau diese Entwicklung. Die SHK-Installateure – früher Berater und Umsetzer in Personalunion – treten bei Produktentscheidungen immer mehr in den Hintergrund, der Bauherr übernimmt zunehmend die Entscheidungsherrschaft auf seiner eigenen Baustelle. Da diese Verschiebung elementar wichtig ist für die Kommunikationsstrategien unserer Kunden aus der Baubranche, haben wir Alexander Faust von BauInfoConsult zu den Inhalten der Studie interviewt.
Die Mediennutzung verändert sich – und damit auch das Such- und Informationsverhalten von Bauherren und Renovierern. Was genau ist hier am Markt zu beobachten?
Ein simples Endnutzer-Produkt wie einen Toaster kann man auswählen, kaufen, auspacken und dann nach dem Plug-and-Play-Prinzip direkt mit dem Toasten loslegen. Bauprodukte müssen erst installiert werden und das ab einem gewissen Komplexitätsgrad besser durch jemanden „vom Fach“. Wenn ein Bau– oder Renovierungsprojekt ansteht, suchen Endkunden deshalb traditionellerweise in erster Linie nicht nach einem bestimmten Produkt, sondern gleich nach einem Dienstleister. Entweder nach dem Prinzip Mund-zu-Mund-Propaganda („Kennt jemand einen guten Fliesenleger?“) oder über Gelbe Seiten oder Handwerker-Suchportale.
Unsere Erhebungen unter Bauherren (und Bauakteuren zu ihren Erfahrungen mit ihren Kunden) aus den letzten ca. 10 Jahren zeigen aber: Die Prioritäten haben sich allmählich verschoben. Das hängt natürlich mit dem Internet zusammen und mit den Gewohnheiten und Kompetenzen, die sich im Umgang mit diesem Medium ausgebildet haben. Die Endkunden gehen nicht mehr nur ins Fachgeschäft, wenn sie einen Toaster suchen, sondern sie googeln, lesen Nutzerbewertungen usw., bevor sie eine Entscheidung fällen. Dieses Verhalten hat sich längst auch auf Bauprodukte übertragen. Auch hier werden Marken und Produkte erst im Internet eingehend auf Herz und Nieren geprüft und Preisvergleiche werden gezogen.

Welche Beobachtungen können besonders im SHK-Bereich gemacht werden?
Im Badezimmer gibt es natürlich auch Sanitärinstallationskomponenten, bei denen der Kunde mehr oder weniger auf den Fachmann angewiesen ist. Sobald es „hinter die Wand“ geht oder technisch anspruchsvoll wird, sind die Bauherren – Internet hin oder her – nach wie vor auf die Vorschläge der Bauakteure angewiesen. Trotzdem ist sehr deutlich, dass die Industrie gut beraten ist, künftig bei ihren Marketingmaßnahmen noch mehr auf die privaten Bauherren als Entscheider im Bauprozess zu setzen.
Gerade bei ästhetisch relevanten Produktbereichen wie eben im Badezimmer, wo die ästhetischen Vorlieben der Bauherren mithin entscheidend sind. Die klassische Vorauswahl an Produkten aus seinem Sortiment, die der Handwerker seinen Kunden zur Entscheidung vorlegt, ist gerade im Badezimmersegment weniger aussichtseich als noch laut unseren Vergleichsdaten aus dem Jahr 2010. Heute haben die Kunden immer häufiger fertige Produktvorstellungen, mit denen sie an den Dienstleister herantreten.
Die persönliche Beratung vor Ort wird durch Corona schwieriger – welche Rolle spielt der direkte Kontakt zu Installateuren und Planern?
Unserer Erfahrung nach wollen gerade die Bauprofis nur ungern auf den direkten Kontakt mit den Kunden verzichten. Schließlich ist der direkte Draht zum Endkunden im Beratungsgespräch eine wichtige Chance für den Handwerker, sich als guter Dienstleister und kompetenter Berater zu präsentieren und eine Kundenbeziehung aufzubauen. Unter Corona-Bedingungen werden zwar notgedrungen Abstriche gemacht – dennoch läuft das Endkundengeschäft bei den meisten Betrieben erfolgreich weiter. Das wäre ohne den direkten Kontakt – und sei es meist über Telefon oder über ein paar Meter Entfernung – gar nicht möglich.
Pinterest, Instagram und YouTube bieten Massen an Inspirationen und Informationen. Wird das Internet die Beratung durch den SHK-Installateur ersetzen?
Die neue Speerspitze der Bau-Influencer ist noch überschaubar. Außerdem balzen die meisten Betreiber eher um die jungen Internetgemeinde, um aus deren Reihen Nachwuchs zu rekrutieren. Doch natürlich gibt es auch einige ziemlich gut gemachte Accounts, mit denen Endkunden direkt angesprochen werden. Auch diese gehen derzeit noch überwiegend von Handwerkern aus und weniger von Herstellern oder dem Handel, obgleich es natürlich auch im SHK-Bereich erste Ansätze zu den üblichen Kooperationen mit Influencern gibt. Generell kann man das große Potenzial dieser Online-Netzwerke als mögliche Einflussfaktoren auf die Endkunden gar nicht überschätzen.
Allerdings haben auch unsere aktuellen Verbraucherbefragungen zum Thema gezeigt, dass die deutschen Bauherren eher dem „traditionellen“ Internet vertrauen, wenn es um ernsthafte Investitionen geht. Also Webshop-Informationen oder den Internetseiten der Hersteller selber. Ersetzen wird das Internet die Beratung durch den Installateur wohl nicht – aber bereits jetzt hat es den Einfluss des Handwerkers klar einen Rang zurückgewiesen. Neben dem Internet spielt aber die klassischen Badausstellung vor Ort eine Hauptrolle, da sie für die meisten Badmodernisierer immer noch am wichtigsten ist.
Was können die Hersteller tun, um die SHK-Installateure bei ihrer Beratungsleistung zu unterstützen?
Ergebnisse unserer Studie “Kommunikationsmonitor” zeigen, dass ein Viertel der SHK-Installateure darauf Wert legt, auf den Webseiten der Hersteller Bildmaterial zu den Produkten zu finden. Generell ist alles hilfreich, was den Handwerkern im Kundengespräch als Anschauungsmaterial nutzt– das klassische haptische POS-Material wirkt aber am besten und das gibt es nun mal schon in idealer Form beim (gemeinsamen) Besuch einer Badausstellung. Wichtiger als direkte Schützenhilfe beim Verkaufsgespräch ist den Handwerkern laut unserer Untersuchung daher, dass die Hersteller sie selbst auf dem Laufenden halten – mit aktuellen Informationen über Produktneuerungen sowie mit ausführlichem technischen Dokumentationsmaterial und Informationen zur richtigen Verarbeitung. Die handwerkliche und fachliche Kompetenz sowie sein aktueller Einblick in die Produktlandschaft sind schließlich die wichtigsten USP-Merkmale, die ein SHK-Handwerker als sein „Pfund“ in das Verkaufsgespräch mit einbringt.
Über BauInfoConsult
BauInfoConsult ist ein auf die Bau-, Installations- und Immobilienbranche spezialisiertes Unternehmen. Wir analysieren seit 2007 laufend Marktdaten und Informationen zur deutschen Baubranche und erstellen auf Grundlage eigener quantitativer Markterhebungen Analysen und Prognosen zu aktuellen Bautrends und Entwicklungen, die als Grundlage für marktrelevanten Entscheidungen herangezogen werden.