Von unserem Gastautor Dominik Ruisinger
Die Kommunikationsbranche befindet sich inmitten enormer Herausforderungen. Bereits heute ist die Zahl der Medien, Plattformen und Tools hoch – und wächst weiter.
Immer stärker drängen Bewegtbild und Live-Video, Messenger und automatisierte Chatbots, Social Collaboration-Tools[1] und Ephemeral Media[2] in die Werkzeugkoffer von Kommunikationsexperten. Diese müssen ihre Aktivitäten immer sorgfältiger, detaillierter und individueller planen, um von Zielgruppen noch wahrgenommen zu werden.
Kommunikation in digitalen Zeiten
Doch was macht eine erfolgreiche digitale Kommunikationsstrategie genau aus? Wie funktioniert Kommunikation in digitalen Zeiten? Wie sollten Organisationen ihre eigene Strategie entwickeln? Seit rund 20 Jahren begleite ich die Branche – als Stratege, Coach, Trainer und (Buch-)Autor. Heute kann ich bei der Entwicklung von Kommunikationsstrategien oft Missverständnisse beobachten. Blicken wir auf sieben Punkte, die ich ausführlich in meinem Buch „Die digitale Kommunikationsstrategie“ schildere.
1. Kommunikation basiert auf einer Unternehmensstrategie.
Jede digitale Kommunikationsstrategie darf für die Organisation kein Selbstzweck sein. Sie muss vielmehr eng an der Unternehmensstrategie, an strategischen Zielen, an der Business-Vision orientiert sein. Das Modell des „Digital Strategy Funnel“ (siehe Abb.) zeigt die Voraussetzungen, die den Erfolg jeder Strategie bestimmen:
- Eine klar dargelegte Business-Vision mit klar formulierten Business-Zielen,
- von der die Kommunikations- und Marketingziele abgeleitet werden,
- auf denen die digitalen Kommunikationsziele beruhen,
- die sich über bestimmte Inhalte und Maßnahmen erfüllen und
- zur Überprüfung jederzeit evaluieren, korrigieren oder optimieren lassen.

2. Fans sind keine Maßstäbe.
Ausgehend von Punkt 1 müssen auch die Ziele einer digitalen Kommunikationsstrategie auf definierten Unternehmenszielen basieren. Digitale Kommunikation ist somit als Element der unternehmerischen Wertschöpfung zu verstehen, auf die sie einzahlt. Schließlich soll die Kommunikation einen Beitrag leisten, ökonomische, gesellschaftliche oder politische Ziele zu erreichen. Vor diesem Hintergrund ergeben definierte Erfolgskriterien und Maßstäbe wie Fan-, Follower- oder Abonnentenzahlen auch in KPI-Form wenig Sinn.
3. Zielgruppen bestimmen den Content.
Die frühe Fokussierung auf Instrumente und Tools führt meist auf einen Irrweg. Jede Strategie basiert zuerst auf einer sauberen Analyse, messbaren Zielen, definierten Personas und einer verständlichen Positionierung. Auf dieser fußt die Content-Strategie, die die Stakeholder erreichen soll. Schließlich muss der Köder dem Fisch und nicht dem Angler schmecken – und dies insbesondere in einer Zeit des Information Overloads und des Content Shocks.
4. Erfolg heißt Zuhören.
Nach Jahren des Sendens geht es spätestens seit dem Social Web vor allem um das Zuhören. Organisationen müssen verstärkt den Blickwinkel ihrer Stakeholder einnehmen. Sie sollten sich zurückhalten, nur die aus ihrer Sicht relevanten Themen zu setzen; stattdessen müssen sie sich im Rahmen ihrer Content-Strategie auf die Inhalte fokussieren, die für die Stakeholder von Relevanz sind und ihnen Mehrwert bieten. Nur so werden sie mit Reaktionen rechnen können.
5. Social heißt Interaktion.
Es geht nicht primär um soziale Netzwerke, um Facebook, Twitter, Instagram, YouTube; oder im nächsten Schritt um Messenger, Apps, Chatbots. Noch weniger geht es darum, möglichst viele Inhalte über noch mehr Kanäle zu verbreiten. Gerade im Social Web heißt das große Gut heute Interaktion – also Dialog, Service, Socializing, Involvement. Schließlich ist sie die Voraussetzung, damit die Inhalte überhaupt eine Sichtbarkeit in den Sozialen Kanälen erhalten.
6. Adaptive Content für den richtigen Moment.
Angesichts der Fülle an Kanälen und Inhalten kommt es auf verstärktes Customizing an. Strategen müssen in digitalen Zeiten dafür viel kleinteiliger denken. Stakeholder müssen künftig genau die passenden Informationen in dem Moment erhalten, wenn sie diese benötigen. Nur personalisierter, auf ihre Bedürfnisse sowie auf die Eigenschaften der einzelnen Kanäle zugeschnittener Adaptive Content wird sie an die Marke binden.
7. Alleingänge werden scheitern.
Gerade in der digitalen Kommunikation gilt es vernetzt und integrativ zu agieren. Schon heute spielen Online-PR, SEO, E-Mail, Social Media Relations eng zusammen – ergänzt um werbliche Herausforderungen wie Display- und Suchmaschinen-Werbung, Native Ads und Microsites. Keine Disziplin kann die Aufgaben künftig alleine für sich behaupten. Vielmehr wird es auf ihr Zusammenspiel entscheidend ankommen – und zwar als eng umschlungene Partner.
Fazit: Keine Angst vor Veränderungen
Kommunikationsexperten haben künftig die Aufgabe, auf Basis der Unternehmensstrategie eine integrierte, digitale Strategie zu entwickeln. Diese vereint die verschiedenen Disziplinen und Dialogkanäle unabhängig davon, ob sie „social“ oder „nicht social“ sind. Dabei geht es nicht darum, die Grundpfeiler bisheriger Kommunikation völlig in Frage zu stellen. Vielmehr muss viel Bestehendes überarbeitet und dem digitalen Wandel kräftig angepasst werden.
Dabei soll dieses hier aufgezeigte Szenario den Beteiligten keineswegs Angst machen. Die Entwicklung integrativer Strategien, Vernetzung der Kommunikationsplattformen, Weiterentwicklung passender Content-Prozesse und die intensive Mitnahme der Mitarbeiter mit wachsendem Organisationsmehrwert ist eine Chance: Gerade für Kommunikationsexperten hat es wohl kaum eine spannendere Zeit gegeben. Und daran wird sich in den nächsten Jahren nichts ändern.
Hinweis:
Dieser Autoren-Beitrag basiert auf Inhalten aus dem November 2016 erschienenen Buch des Autors:
[1] wie Slack, Google Drive & Co.
[2] Texte, Bilder oder Videos, die nur für kurze Zeit verfügbar sind, wie z. B. bei einer Instagram Story