Weniger ist mehr.
Manchmal verursachen kleine Dinge großes Übel. Falsch gesetzte Satzzeichen zum Beispiel. Neulich habe ich hier auf dem Blog ein Plädoyer für ein meiner Meinung nach verkanntes Zeichen gehalten, den Bindestrich.
Doch nicht nur ein Zuwenig, sondern auch ein Zuviel schadet der Qualität eines Texts. Was der Bindestrich zu wenig verwendet wird, wird der Apostroph im Überfluss genutzt. Weniger ist mehr! Sagt dem Deppenapostroph den Kampf an!
Der Genitiv-Apostroph ist möglich, aber unnötig
Bei Würsten vom schwäbisch-hällischen Landschwein bei Marta’s und jamaikanischem Jerk Chicken von Patrick’s Stop sollte einem eigentlich das Wasser im Mund zusammenlaufen. Diese beiden Stuttgarter Imbisse sind geschmacklich nämlich erste Sahne. Und doch vergeht mir persönlich der Appetit. Das liegt nicht an den Speisen, sondern am Anblick der Schreibweise der Namen. Keinesfalls falsch und meiner Ansicht nach korrekt wäre: Patricks Stop und Marthas (Imbiss).
Allerdings muss ich Patrick und Martha zugute halten, dass inzwischen sogar der Duden im Zuge einer Rechtschreibreform die von ihnen gewählte Schreibweise legitimiert, ob mir das nun gefällt oder nicht: „Gelegentlich wird das Genitiv-s zur Verdeutlichung der Grundform des Namens auch durch einen Apostroph abgesetzt“, schreibt das Standardwerk. Allerdings scheint auch der Duden seinen Segen zähneknirschend zu geben. Das zeigt der Zusatz „Normalerweise wird vor einem Genitiv s kein Apostroph gesetzt“ zeigt. Der Genitiv-Apostroph ist also eine Geschmacksfrage, erlaubt ist, was gefällt.
Woher kommt die Apostrosophitis?
Also Zähne zusammengebissen und reingebissen in das Würstchen. Schlimmer geht nämlich immer. Denn nach dem Genitiv-Apostroph kam der Plural-Apostroph nach Deutschland. Geht’s noch? (An dieser Stelle übrigens ist der Apostroph erlaubt, wenn er auch nicht gesetzt werden muss.) Die wichtigen Info’s eines Theaters will ich schon gar nicht mehr anklicken. Dann doch lieber schnell zwischen den Pkw’s durchgeschlängelt in Tom’s Pub. Auf den Schock ein paar Gin Tonic’s und was Feine’s aus Oma’s Küche. Wohl bekomm’s! Und wenn der Bauch voll is’, führe ich mir auf dem Sofa noch ein paar DVD’s zu Gemüte.

Was in dieser Reihung übertrieben wirken mag, ist nicht weit hergeholt. Dem aufmerksamen Betrachter begegnet der Deppenapostroph ständig und überall. Allein gestern habe ich ihn innerhalb einer Stunde gleich dreimal getroffen. Auf meinem Heimweg liegt Hafi`s Eisbar gegenüber von Harry’s Kaffeerösterei, bei meiner Recherche über Unternehmungen mit Kindern in der kalten Jahreszeit haben mich die Info’s über den Indoorspielplatz Kid’s World von einem Besuch abgehalten, ehe ich wirklich auf der Homepage angekommen war. Der Apostroph ist allgegenwärtig. Ich frage mich: Woher kommt diese Apostrosophitis?

Die Grammatikregeln des Englischen mögen allenfalls den Genitiv-Apostroph erklären, wird dort tatsächlich im Genitiv Singular korrekterweise ein Apostroph gesetzt. Das hat einen sprachgeschichtlichen Grund: Früher wurde der Genitiv im Englischen mit der Endung –es gebildet. Der Apostroph zeigt das im Lauf der Zeit weggefallene e an.
Der Apostroph ist ein Auslassungszeichen
Womit wir bei des Pudels (!) Kern wären: Der Apostroph ist ein Auslassungszeichen. Das bedeutet, er zeigt an, dass in einem Wort einer oder mehrere Buchstaben ausgelassen wurden. Dann und nur dann sollte er gesetzt werden. In allen anderen Fällen mein Tipp: Im Zweifel den Apostroph weglassen! Bei Genitiv, Plural und Imperativ sollte er ebenso wenig stehen wie bei miteinander verbundenen Präpositionen und Artikeln. Es gibt im Deutschen nur an äußerst wenigen Stellen die Pflicht zum Apostroph. Diese lassen sich kurz zusammenfassen:
- bei Namen im Genitiv, die auf einen Zischlaut enden wie zum Beispiel Niels’ Fahrrad, Alexandre Dumas’ Werke
- bei längeren Auslassungen im Inneren des Wortes wie zum Beispiel Ku’damm
- wenn Wörter durch das Weglassen von Buchstaben schwer lesbar oder gar missverständlich werden wie zum Beispiel: ein einz’ger Augenblick oder im Satz: Das war’n Ding.
Ausführliche Regeln zum korrekten Gebrauch des Apostrophs stehen im Duden.