Autorin Lara Röhrich
Immer wieder lesen wir: Geschichten müssen fesseln, den Leser aus seiner Welt in eine andere entführen, ihm zeigen, wie es dort riecht und schmeckt, und ihm vor allem zum Weiterlesen bewegen. Doch: Wie gelingt das? Und warum ist es so wichtig, einen journalistischen Schreibstil zu pflegen?
Storytelling: Was ist das jetzt genau?
Das Buzzword Storytelling ist in aller Munde: Alle wollen Geschichten erzählen – schon klar! Aber was steckt eigentlich dahinter? Für mich liegt die Kunst des Storytelling darin, eine Verknüpfung zwischen Emotionen und Informationen zu schaffen, denn alles, was unser Herz berührt, merken wir uns. Und so muss jede Geschichte das Zeug dazu haben, den Leser mitzureißen – ganz egal, ob sie vom Bergsteiger handelt, der ohne Sicherungsseil klettert, oder ob es sich im Grunde genommen nur um neue Dachziegel dreht.
Vom Suchen und Finden der richtigen Geschichte
Jede Nachricht, jedes Unternehmen und auch jedes Produkt: Ja, sie alle haben ihre eigene Geschichte. Und es lohnt sich, nach ihr zu suchen – auch wenn es mühsam sein kann, eine gute Geschichte auszugraben. Dazu setze ich mich intensiv mit den Protagonisten auseinander, gehe den Dingen auf den Grund und finde dann diesen einen Knackpunkt, der den Leser fesselt, der spannend und berührend zugleich ist, der aus meinem Text eine Geschichte macht.
In seinem Buch „Recherchieren“ empfiehlt Michael Haller, deutscher Journalist und Medienwissenschaftler, sich stets folgende Fragen vor Augen zu führen:
- Ist die Information wichtig?
- Ist die Information zutreffend?
- Ist die Information umfassend?
- Ist die Information verwertbar?
- Ist die Information erklärend?
- Und warum?
Aus meiner eigenen Erfahrung als Journalistin weiß ich, wie mühsam die Recherche sein kann. Nicht immer ist es leicht, eine vernünftige und ebenso belegbare Quelle aufzutun. In meinem Artikel will ich genau die Fragen beantworten, die sich der Leser auch stellt. Kurzum: Wer eine gute Story schreiben will, muss Fragen stellen – und zwar die richtigen.
Wie schreibe ich eine gute Story?
Ist der inhaltliche Kern einer Story gefunden, geht es darum, sie zu Papier zu bringen. Und das in möglichst einfacher und verständlicher Sprache. Wie kann das gelingen? Wolf Schneider, deutscher Journalist, Sachbuchautor und Sprachkritiker, plädiert in seinem Buch „Deutsch für Profis“ für weniger Adjektive, mehr Verben und das treffende Wort. Er rät „Schreibe kurze Sätze!“, denn wer will schon seine Zeit damit vergeuden, lange, verschachtelte Sätze auseinanderzuklamüsern oder Fachchinesisch nachzuschlagen? Eben! Einfache Regel – viel Erfolg.
Außerdem gibt es noch weitere Punkte, die beim Schreiben beachtet werden wollen:
- Ein starker Einstieg zieht den Leser in den Text
- Ein roter Faden ist wichtig, damit der Leser am Ball bleibt
- Hauptsachen stehen in den Hauptsätzen, Nebensachen in den Nebensätzen
- Es lohnt sich, so lange am Text zu feilen, bis er perfekt ist und jedes Wort sitzt
Welche journalistischen Darstellungsformen eignen sich für das Storytelling?
Kann ich also in jedem Text Storytelling einsetzen? Nein, das wäre zu einfach. Doch Reportagen und Portraits eignen sich hervorragend: Malerische Szenenbeschreibungen und Metaphern fesseln den Leser. Reportagen beschreiben die Situation vor Ort, nehmen den Leser mit in eine andere Welt und sind unterhaltsam geschrieben. Das Portrait macht uns mit einem Menschen bekannt, zeigt seine Persönlichkeit auf und wirkt oft durch treffende Zitate der Person.
Bericht, Meldung und Nachricht hingegen sind journalistische Darstellungsformen, die den Leser sachlich korrekt mit Informationen versorgen sollen. Hier geht es sozusagen darum, die Fakten auf den Tisch zu legen. Verspielte und beschreibende Formulierungen sind da fehl am Platz und daher für das Storytelling ungeeignet.
Fazit: Journalistisch schreiben ist das A und O
Storytelling – das geht fast immer. In einer schönen emotionalen Geschichte lassen sich Produkte oder beispielsweise die Unternehmensgeschichte interessant verpacken. Dabei geht es nicht darum, alle Aspekte zu beleuchten. Manchmal sind gerade besondere Highlights das Spannende. Denken wir an ein Traditionsunternehmen, das inzwischen vom Ur-Enkel geleitet wird, der sich noch daran erinnert, wie sein Opa ihm das Schnapsbrennen erklärte, oder an ein Start-up, das die erste App in der Garage programmierte – Geschichten leben von ihren Protagonisten. Und es ist unsere Aufgabe, die Geschichten zu finden, sie präzise zu formulieren und die richtige Darstellungsform für sie zu wählen. Und wichtig ist es, dabei in die Tiefe zu gehen und nicht an der Oberfläche zu verharren. Denn nur, wer die Essenz der Geschichte richtig darstellt, kann auch den Leser begeistern.