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Die richtigen Worte in Zeiten der Pandemie

Die richtigen Worte in Zeiten der Pandemie

„Das Virus ist keine Bundeskanzlerin, die man abwählen kann.“

Vermenschlichungen, Kriegsmetaphern, Emotionen – Die Kommunikation von Medien und Politik während der Corona-Pandemie weist Muster auf. Es lohnt sich daher, die Sprache und die Wortwahl in dieser besonderen Krisenphase genauer unter die Lupe zu nehmen. In einem Gespräch mit dem Schreibtrainer und Master of Cognitive Neuroscience (aon) Markus Reiter konnten wir über die Sprache in der Corona-Pandemie, deren Folgen für unsere Gesellschaft und die Bedeutung der richtigen Wortwahl in Ausnahmesituationen wie diesen sprechen.

Herr Reiter, Corona hat in den letzten Wochen und Monaten unser aller Leben verändert. Was fällt Ihnen als Text-Experte und Sprach-Profi an der Sprache auf, in der wir über die Pandemie reden?

Markus Reiter: Menschen neigen dazu, abstrakte Kräfte zu vermenschlichen. Der Fachbegriff dafür heißt Anthropomorphisierung. Das geschieht gerade mit dem Virus. Das Virus ist nur aber eine Proteinhülle um einen RNA-Kern. Es hat keinen Hintern, in den man ihn treten kann – auch wenn der New Yorker Gouverneur Andrew Cuomo genau diese Metapher benutzt hat.

Welche Folgen hat diese Vermenschlichung?

Markus Reiter: Dass manche glauben, ein Virus durch Demonstrationen beeindrucken zu können. Ein Virus besitzt ein biologisches Programm: Finde eine Wirtszelle und vermehre dich. Diesem Programm kann man mit bestimmten Maßnahmen entgegentreten, die eben verhindern, dass das Virus eine Wirtszelle findet. Abstand. Vielleicht Masken. Dazu gehört definitiv nicht, auf einer Demonstration „Wir sind das Volk“ zu rufen. Das Virus ist keine Bundeskanzlerin, die man abwählen kann.

Seit Monaten beherrscht die Berichterstattung über Corona unsere Medien. Oftmals liest man vom „Krieg gegen das Virus“, dem Virus als „Feind“. Sie sind der Meinung, dass Journalisten bei der Wahl der verwendeten Metaphern vorsichtig sein sollten – warum?

Markus Reiter: Die Kriegsmetapher war vor allem am Anfang der Pandemie sehr beliebt, bei Politikern wie bei Medien. Sie führt jedoch zu einem Missverständnis: In einem Krieg sollten die Menschen zusammenstehen, ihrem Alltag unbeeindruckt nachgehen, um dem Feind zu zeigen: Wir lassen uns von dir nicht beeindrucken.

In der Pandemie gilt es aber, Abstand zu halten und den Alltag radikal zu ändern. Die Kriegsmetapher ist noch aus einem zweiten Grund gefährlich: Im Krieg gilt Widerspruch als Verrat. Aber natürlich darf und soll man in der Pandemie Maßnahmen der Regierung widerprechen, wenn man aus guten Gründen andere Überzeugungen hat.

Wo müssen Medien bei der Sprache besonders aufpassen, vor allem vor dem Hintergrund, dass es mittlerweile verschiedene Auffassungen über die Sinnhaftigkeit der einzelnen Maßnahmen gibt?

Markus Reiter: Sie sollten nicht einfach Begriffe übernehmen, die ihnen die Politik vorlegt. Zum Beispiel das Wort von der „neuen Normalität“. Die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung sind ein außerordentlicher Eingriff in unsere Freiheitsrechte. Sie sollten nicht sprachlich zur dauerhaften Normalität erhoben werden. Ich bevorzuge es, von einem „verlängerten Ausnahmenzustand“ zu sprechen.

Was passiert eigentlich im Gehirn, wenn wir immer wieder Corona-Nachrichten lesen und welche Rolle spielt dabei, WAS wir lesen? Wie beeinflussbar sind wir als Leser und Hörer durch die Wortwahl des Autors?

Markus Reiter: Das Bombardement mit angstauslösenden Begriffen wie „Tod“, „Krankheit“, Infektion“, „Horrorzustände im Krankenhaus“ zielt direkt auf die Amygdala, das Angstzentrum unseres Gehirns. Die Amygdala hat eine unmittelbare Verbindung zum Hypothalamus, der unsere Körperreaktionen steuert. Mit anderen Worten: Wir geraten in Stress. Zugleich umgeht die Amygdala den Frontalcortex, wo wir rational abwägen. Das führt zu einer fatalen Mischung: Angststress bei ausgeschalteter rationaler Emotionssteuerung. Lange halten wir das nicht durch. Was wir also zurzeit beobachten ist eine Angsterschöpfung, die dazu führt, dass wir sorgloser im Umgang werden. Sozialpsychologisch sinnvoller wäre es, nicht mit Angstszenarien zu arbeiten, sondern Routinen einzuschleifen. Und sprachlich auch angstlösende Botschaften zu verkünden.

Was sollten Journalisten und Kommunikatoren aus der jetzigen Situation lernen? Wie soll man in der Krise formulieren? Wie kann man Sprachungenauigkeiten vermeiden? Kurz – wie sieht die ideale Krisenkommunikation der Zukunft aus Ihrer Sicht aus?

Markus Reiter: Alle Beteiligten müssen noch genauer auf ihre Wortwahl achten. Die Regierung hat durchaus einiges richtig gemacht. Merkels Wort vom „Abstand als Ausdruck der Fürsorge“ war viel besser als Macrons „Nous sommes en guerre“. Sehr ungünstig war aber zum Beispiel, dass der RKI-Chef Lothar Wieler mitten während der Ausgangsbeschränkungen öffentlich darüber spekulierte, dass er befürchte, die Krankenhauskapazitäten reichten nicht aus und es komme zu „italienischen Verhältnissen“. Das mag er im stillen Kämmerlein denken, aber er sollte es nicht öffentlich sagen. Es trägt zu einer kontraproduktiven Angststimmung nach dem Motto „Jetzt ist eh alles egal“ bei. Kurzum: Krisensituationen erfordern von allen Seiten eine hohe Wachsamkeit darüber, wie wir kommunizieren.

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